Zur GESCHICHTE DES MGV ,,Deutscher Männerchor“ IMHAUSEN

1) Gründung eines MGV in Imhausen 1854
In den Pfarrakten der geistlichen Schulinspektion ( Archiv der evangelischen Kirche zu Rosbach—Sieg) wurde 1847 amtlich vermerkt, dass der Schullehrer B e r g h a u s gelobt werde wegen seiner Verdienste für das Chorleben und den Gesang, ,, auf dessen Verbesserung er mit glücklichem Erfolg hier wirket“,
Seit 1855 hatte Berghaus den Rosbacher MGV (Concordia), dessen Tradition bis 1817 zurückreicht, geleitet, war dazu Mitglied des Chors der Oberbergischen Lehrerschaft ( 4.Sängerfest 1942 in Ründeroth) und offenbar bemüht, in Nachbargemeinden die Gründung von Bruderchören anzuregen. Zunächst blieben seine Bestrebungen ohne Erfolg.
Da wurde Ende 1855 wieder einmal ein Lehrer aus I m h a u s e n abberufen, und ein Nachfolger war so schnell nicht zu be¬kommen: Die behelfsmäßige Schule, seit 1828 in H u n d h a u s e n , war wenig attraktiv mit (120 — 140 Kindern in zwei Schichten auf kleinem Raum, daneben Wand an Wand ein Stall mit Klein¬vieh, darüber eine unzureichende Lehrerwohnung. So lange der schon 1807 geforderte Neubau in Imhausen nicht abgeschlossen war, griff man auf behelfsmäßige bäuerliche Anwesen in Hundhausen zurück.
Zweifellos ist Lehrer Berghaus von einflussreichen Kommunalpolitikern (Presbytern und Schulvorständen) wie Peter Eschmann (Gansau), Thomas (Eundhausen), Brabeck (Imhausen) ermutigt worden, sich der Imhausener Schulmisere anzunehmen.
Vielleicht sah der ,,leidenschaftliche Musikus“ ( so wurde er von dem Rosbacher Dorfchronisten Gerhard Gerhards (1778—1855) einmal charakterisiert! ) in einer Vertretung in Imhausen die Chanche, seinen Rosbacher Verein zu vergrößern oder gar einen neuen ortseigenen Verein zu gründen!
Am 16.März 1854 bat er seinen Ortsschulinspektor Pfarrer Molly um Abordnung nach Hundhausen , ,,zeitweilig will (ich) im Interesse der verlassnen Schul zu Imhausen derselbigen ein Opfer bringen, in dem ich bis zur Wiederbesetzung den dortigen Unterricht übernehme
Der Bürgermeister Nörrenberg stimmte dem zu. Ab Ostern über nahm(1854) Lehrer Bergheus vertretungsweise den zusätzlichen Schuldienst in Hundhausen und schon im M a i des gleichen Jahres ist von einem ,, Chor Imhausen“ die Rede!
Nun war dieser Lehrer Bergbaus in den 25 Jahren seiner Rosbacher Tätigkeit ein außerordentlich selbstbewuster und eigensinniger Mensch. Die Schulvorstände warfen ihm des öffternen unfreundliches Benehmen vor, klagten über seine Vorliebe, Privatunterricht in Französisch,Geige- und Viavocord-Spiel zu erteilen und beargwöhn ten den ,,Sing—und Lärmverein, dessen Singerei mit Surrogaten (Alkohol!) und Geschrei“ verbunden sei. Der Pfarrer musste erinnern, dass immerhin der Schulpfleger (Schulrat) Superintendent Benkhoff in Odenspiel anerkannt habe, dass ,,p.Berghaus zur Verbesserung und Veredelung des öffentlichen Gesang musterhaft wirke“
Es ist anzunehmen, dass dem Pfarrer daran liegen musste, die Bewohner des L e u s c h e i d e r Örtchens (zu dem bis 1776 Imhausen, Hundhausen, Geil- und Niederhausen, Hausen, Gansau und Wiedenhof gehörten) zufrieden zu stellen ; denn die jahrelangen Prozesse zwischen den Kirchen Rosbach und Leuscheid, recht unerquickliche Streitigkeiten zwischen den Bauern hüben und drüben, die Tatsache der jährlichen ,,Prügelkirmes“ zu Geilhausen , wahre Dorfschlachten am Margaretentag, zwangen weltliche und geistliche Behörden, die “feindlichen Brüder in den Griff zu bekommen“ Es konnte darum n i c h t günstig sein, etwa Imhausener Sänger im Rosbacher Chor aufzunehmen, weiß Gott die gemeinschaftsbildende Kraft des Chorliedes wäre wohl kaum wirksam geworden.
Darum vermute ich aus Kenntnis der Zusammenhänge, dass Lehrer Bergbaus ermutigt worden ist, in Imhausen einen neuen Chor zu bilden. Dies geschah schon im Mai 1854 in der Gastwirtschaft des einflussreichen Michael Brabeck
Brabeck war ein Freund des Rosbacher Kirchmeisters Gerhard.s, des bekannten Chronisten und Dorfpoeten ,,vom Wieshof“; beide waren Kollegen im Presbyterium, im Bürgermeisterei-Rat, beide waren Sängerfreunde Gerhards hatte 1817 den Rosbacher Chor ins Leben gerufen, Brabeck 1854 den Imhausener Verein aus der Taufe heben helfen; beide waren Spezerei-Händler ( etwa Drogisten ), hatten einen Winkel ( Laden) für Eisengusswaren, und Brabeck unterhielt dazu noch eine gutgehende Brandwein—Brennerei.
Der Rosbacher Chor entstand 1817 aus einem kirchlichen Sängerkreis, der sich erst aus geistliche: Bevormundung lösen konnte, als Sänger aus der ganzen Gemeinde dem MGV beitraten, die beiläufig Auch in der evangelischen u n d katholischen Kirche ihre Lieder darboten. Imhausen dagegen hatte sich keinen überörtlichen, sondern einen Verein geschaffen, der dem Schulbezirk entwachsen und aus ihm auch seine Mitglieder aufnahm und weder der Billigung noch der Unterstützung der Kirche be¬durfte. Das war ein Wagnis und konnte nur gelingen, wenn man einen selbständigen Lehrer—Dirigenten hatte und ein Sängerreservoir das alte Vereinsschwierigkeiten überstand! Immerhin waren die beiden MGV Bosbach und Imhausen die beiden einzigen Gesangvereine im damaligen Kreis Waldbröl; der dritte Chor (zu Waldbröl!) bildete sich erst 1862!
Wenn Bundespräsident Theodor Heuss, der Stifter der Zelter Plakette, auf dem Sängerbundtreffen in Frankfurt (1951) herausstellte, ,,dass der Dorfschulmeister als Grundelement des Gesangelebens und des Nachwuchses die See1e des Männergesangvereins war“, so lässt sich diese Erscheinung gerade an den Chören unserer engeren Heimat prägnant nachweisen: Mit den Schulgründungen erfolgte später fast gleichzeitig auch die Bildung von kultu¬rellen Vereinigungen, besonders aber von Gesangvereinen!
Leider lassen sich die Namen der ersten Chormitglieder nicht mehr ermitteln; doch wird es auch im Imhausener Verein kaum anders gewesen sein, als in den meisten anderen Heimatchören:
Die Mitgliedschaft war und ist es z.T. noch heute ein Stück Familientradition; wir können Familien aufzählen, die bereits in der dritten und vierten Generation treue Mitglieder der Sängergemeinde sind. Der Vater brachte den Sohn mit, der Lehrer ermunterte die Schulentlassenen zum Eintritt. Der Verein war zu einem Teilbereich der Heimat geworden; in einer Chronik sprach man bezeichnenderweise von der ,,Vereinsheimat“.
,,Des Sängers Geburt beginnt mit dem seligen Wiegelied, des Sängers Jugend mit dem heiligen Liebeslied, des Sängers Alter mit den mächtigen Schlachtgesang, des Sängers Ende mit stillem Grabgesang“…“,
so lesen wir in der Chronik eines alten Siegkreis Vereins Das enge Verhältnis des Sängers zu seiner Vereinsheimat offenbaren auch die sinnreichen Leitsprüche in Chroniken und auf Fahnen und in besonderem Maße die Zie1e , die man sich neben der ,,Pflege des Gesangs“ steckte!
Mit ziemlicher Sicherheit können wir das Liedgut angeben, das in den Gründerjähren ( 1854—1859) bevorzugt wurde.
Im Familienbesitz erhalten ist die ,,Kunkel´sche Li.edersamlung ausgewählter vierstimmiger Gesänge für Männerstimmen (ein) ziemelich voluminöses Gesangswerk und. transportables Unterrichtabuch für Gesangsfreunde“. Dies Liederbuch trägt neben dem Hinweis ,,Imhausen“
in gestochen—feiner Handschrift des Lehrer— Dirigenten B e r g h a u s auf dem Deckblatt die Worte
„Menschenbildung ist ist des Bundes stetes, einz´ges Losungswort, wahre Freiheit, freie Wahrheit gilt auf Erden, Himmelsklarheit ist des Volkes bester Hort!“
Welch ein hochgestecktes, fast möchte man sagen pathetisches Ziel! Als 1952 der MGV Imhausen zum ersten Wettstreit nach dem Kriege aufrief gab man sich bescheidener: „…der Sorgen nicht gedacht! Schöpfet Kraft für des Lebens Gebraus. Nur singen, sich freuen und gut verstehen! Drum ein Hoch dem Gesang, lasst ertönen das L i e d, das in Freude die Herzen der Männer durchglüht“.
Doch Jene großen Worte von der F r e i h e i t, die Lehrer— Dirigent Bergbaus seinem Verein auf die Fahne schrieb, finden wir auch in dem Tagebuch des Rosbacher Chronisten Gerhards wieder, der in der Heimatliteratur als ,, Erster Demokrat“ gewürdigt worden ist. Halten wir darum fest: Die Auswirkungen der Revolution von 1848 fanden auch im Siegtal ihren Niederschlag. Gerhards sprach vom ,, süßen Sermon der Freiheit ,, und Bergbaus von der wahren Freiheit und der freien Wahrheit : Was uns heute an diesen Begriffen so feierlich und salbungsvoll vorkommt, war damals sicherlich kein leeres Lippenbekenntnis, sondern echte menschliche und politische Sehnsucht
Zum Repertoir der beiden Berghaus-Chöre in Imhausen und Rosbach gehörten (entsprechend den im Kunkel‘schen Liederbuch angekreuzten Titeln) 1854—1859
18 Religiöse Gesänge,
6 Vaterländische Lieder,
7 Wanderlieder
5 Naturlieder
5 Gesänge zu den Jahreszeiten,
5 Lieder zu den Tageszeiten,
8 Heimatlieder zum Abschied
7 Heimatlieder vermischten Inhalts.
Beim „Volksgut“ gab man besonders Haydn , Si1cher, Zelter, Schubert , Näge1i , Schulz und Sering den Vorzug, also Kompositionen, die auch heute noch interpre¬tiert werden!
An dieser Stelle bemerkenswert ist, dass beim ersten Sänger¬wettstreit im Siegkreis n a c h dem Kriege, der in Imhausen stattfand, das zeitgenössische Schaffen ebenso im Vordergrund stand mit Kompositionen von Sendt, Haas, Jochum, Lißmann, Bische Bein, Hindemith, Othegraven —und neben Brahms, Silcher und Schubert auch alte Volkslieder des 16. und 17.Jahrhunderte im neuen Satz.
Vom Vereins1eben der ersten Jahre in Imhausen lässt sich nicht mehr ermitteln. Wir wissen nur, dass Vater und Sohn Michael Brabeck den Verein in ihrer Gastwirtschaft aufnehmen und beide auch aktive Mitglieder waren.
Am 7.8.1854 wurde der Schul“Lehrling“ Jog. Grh. Krah (aus Alsdorf ,Krs.Altenkirchen) nach Hundhausen versetzt; da er längere Zeit im Neuwieder Seminar das nötige Rüstzeug für seine Unterrichtsarbeit erwerben musste, blieb Bergbaus weiter dem Jungen Verein treu .Zwischendurch wirkte auch Lehre: Christian Weber, im Dorf ,, sehr beliebt ,, , an der Schule , nicht aber im Verein. Der Sängerpraeses B r a b e c k in der “Spezial—Bürgermeisterei“ Dattenfeld (Rosbach) Beigeordneter , drang nun energisch auf Fertigstellung der schon vor vielen Jahren geplanten neuen Schule die Ostern 1860 bezogen werden konnte. Bei der Einweihung bot Lehrer Krah mit den Kindern den Coral ,,Dir, Dir, Jehova , will ich singen“ dar, eine gewiss erstaunliche Leistung. Des so hoffnungsvoll angelaufenen Gesangvereins aber ist keine Erwähnung getan, ( bei der 100—Jahrfeier 1960 umrahmte der MGV Imhausen das imposante Schulfest! ) — warum standen die Sänger abseits?
Dirigent Bergbaus konnte nicht mehr, er lag schwerkrank dar nieder, am 28.April 1860 verstarb er.
Lehrer Kroll aber konnte dem Chor nicht vorstehen. Mit herber Kritik vermelden die Schulvorstände dem Inspektor Pfarrer Molly,
„… Krah lässt es im Gesang am nötigen Geschick fehlen“
Auch bei seinem ehemaligen Seminarlehrer, dem nunmehr (1864) Gesttlichen Regierungs- und Schulrat Grasshof findet er wenig Beifall. Der hohe Visitator, bekannt für seine kritischen Unterweisungen in der L e h r e des Gesange, schreibt in seinem Prüfungsbericht:
,,(Krahs) mehrstimmiger —Goldne Abendsonne-, sowie Chor- gesang genügten nur mäßigen Anforderungen. Der Lehrer selbst hat eine rauhe, fast möchte man sagen rohe Stimme und sollte sich daher mit Vorliebe der Violine bedienen“
Man spürt hier förmlich einen Vorwurf (aus Luthers Tischreden) heraus: ,,Ein Lehrer m u ß singen können, sonst sehe ich ihn, nicht an!“
Das Loblied auf Lehrer Webens Leistungen auf dem Gebiet des Singens (1860), ohne dass er je als Chor—Dirigent in Erscheinung trat, klingt einigermaßen unverständlich. Es ist auch verwunderlich, wenn man Lehrer Krahe mangelhafte Erfolge im Gesang bekritelt, obwohl man ihn bittet, zur Schuleinweihung einen vier— stimmigen schwierigen Chor mit den Schulkindern einzuüben! Man mag hieraus erkennen, wie oft sich die Aussagen in den Berichtun jener Zeit widersprechen. Mag aber sein und das ist wohl wahrscheinlich dass die beiden Lehrer an den Leistungen eines Chor- Pädagogen wie Berghaus gemessen wurden und. darum resignierten.
Berghaus hat den MGV Imhausen (ein Vereinsnamen ist nicht überliefert!) bis 1858 oder 1859 geleitet. Er litt an Auszehrung ( Kräfteverfall), der Krankheit jener Menschen, die sich im Dienste verbraucht heben: Sorge für eine zeitweise 140 bis 170 Schüler umfassende Schule, für Vertretung in Imhausen, für zwei Gesangvereine, Sorge für eine 11 köpfigen Familie, Sorge für die vielfältigen Arbeiten an Gemeinde, Kirche und in seincr Landwirtschaft, Sorge um das tägliche Brot bei einem Gehalt von 20 Talern monatlich und 7 1/2 Orgeltalern jährlich und einer Pfründs von 5 Morgen nicht gerade besten Schulackerlandes! Vergränt und lebensmüde schloss Bergbaus, der Gründer des Imhausener Chores und sein Leiter von 1854 — 1859 , am 28.April 1860 die Augen.
Hier muss man die Leistungen jener Dorfschulmeister, jener ,,ersten Bettelmänner der Gemeinde“, herausheben. Es war schon so, wie es der Bischof und Pädagoge J.M.S Ailer ( 1851 ) in einem Buch über die Erzieher mit bewegter Klage und bitterer Ironie ausrief:
,,Man darf nicht darüber spotten, dass manche Schullehrer zugleich Mesner, Kator, Organist, Chorregent, Totengräber , Hochzeitslader ,Kirchendiener ,Conto und Briefeschreiber sind und nebenbei noch Wiesen mähen Korn dreschen müssen, und, wenn das Weib in den Wochen ist, auch noch Koch in Hause sind. Hier darf nicht gespottet werden, hier muss g e h o l f e n werden!“
Aber ist es nicht bezeichnend, dass gerade solche Schulmänner, die das Leben nur in den Schattenseiten aufwachsen und in kör¬perlicher Verbrauchtheit dahinwelken ließ, in unserer Heimat die L i e b e zum L i e d e geweckt haben?! Solche Lehrer waren in Ötterahegen bei Rosbach S c h e n k (1825 mit seinem ,,Singekreis“) und S c h m e 1 i n g, der 1878 den MGV gründete; ein solcher Lehrer vor allem war B e r g h a u s, Dirigent in Rosbach von 1855 bis 1860 und in Imhausen von 1854 bis 1859.
In der Abhandlung ,,Im Klang der Töne“ und. in der Festschrift ,,156 Jahre Tradition des deutschen Liedes“ (1953),herausgegeben von MGV Concordia-Sängerbund Rosbach, Inhaber der Zelter—Plakette heißt es u.a.:
,,Das Beispiel Imhausen und Rosbach beweist, wie sehr der gesangeskundige und gesangesfrohe Lehrer auf dem Lande das treibende Element nicht nur der Nachwuchsfrage, son¬dern des Vereinslebens überhaupt war. Wenn die Gemeinde Rosbach vor über hundert und mehr Jahren außer losen Singekreisen und Ansätzen zur Vereinsbildung Chöre wie Imhausen und Rosbach besaß, so ist das ein besonderes Verdienst des Lehrers Bergbaus.“
2) Gründung eines MGV in Imhausen 1886/1896,
Lange Zeit hört man nichts mehr vom Imhausener Sängerverein zumindest schweigen sich die uns zugänglichen Akten und Chroniken darüber aus. Nach Bergbaus‘ Abgang hat Rosbach Glück, tüchtige Lehrer-Dirigenten wie Scheffels und später Meiswinkel zu gewinnen. Aber auch in Rosbach reifen nicht alle Blütenträume. Eine neue Zeit bricht heran , viel Kritik am über¬kommenen Liedgut wird geübt , die wirtschaftliche Lage wirkt sich aus : Nach dem Kriege von 1870/1 beginnen die STOLZEN GründerJAHRE ( fest eine ,,Vorschule“ zum Wirtschaftswunder unserer Tage). Die große Zeit der Männergesangvereine scheint dahin zu sein! Viele Vereine schrumpfen zusammen, lösen sich auf , ,,ruhen ,,.
,,Wer unsern Volk das Volkslied wiedergibt, der gibt ihn sei— ne Seele wieder“ , rief der Heimat Dichter Peter Rosegger einst aus.
Und wieder waren es Lehrer, die das Lied aus der Schule in den Verein trugen: In Rosbach 1886 der Lehrer Meiswinkel, und in I m h a u s e n will man nicht zurückstehen. Der Lehrer Wilhelm Kurz fordert ,,einen Verein wie ein K1einod, der so manche liebe Feier durch frohen Gesang verschönt“.
Aber Begeisterung allein bringt noch keinen Verein zustande! Lehrer Kurz hat keinen Erfolg – noch nicht! Er findet einen neuen Weg der uns wahrlich Bewunderung abzwingt. Er geht in die Spinnstuben, zu den “Hostessen“, wo bei Gemeinschaftsabenden und gemeinschaftlichen Arbeiten Lieder gesungen werden. Mädchen und Burschen pflegen hier mit Hingabe die recht schmalzigen ,,Hostlieder“. Der Lehrer versucht Einfluss zu nehmen und besseres Liedgut einzuführen. Man horcht auf, als es ausgerechnet Lehrer Kurz ist, der bei feierlichen Anlässen (z.B. bei der Lutherfeier in Rosbach 1855 und der Kaiserfeier 1888 ) die Schülerchöre aus den Gemeindeschulen gebildet — leitet. Lange bleibt Imhausen bei seinem losen Sängerkreis“ —ohne verbindlichen Vereisnamen! Er will keinen Verein ,,gründen“, sein Verein soll von selbst entstehen, aus einem dringenden Bedürfais heraus wachsen!
Weihnachten 1896 ist es endlich so weit.
Anlässlich einer Adventsfeier der Schule wird in der Gastwirtschaft Feldhoff in Imhausen der “Sängerkreis“ zum Verein ,,DEUTSCHER MäNNERCHOR“.
Fast 40 Mitglieder kann Lehrer Kurz um sich scharen. Nun hat der Schulbezirk Imhausen einen ,,richtigen“ Verein , ähnlich wie damals unter Berghaus‘ Zeiten, diesmal aber mit einem verpflichtenden Namen, demnächst (1903) auch ,mit einer Fahne und dem Spruch ,, IM LIEDESTARK,DEUTSCH BIS ins MARK ,,. Man unterwirft sich fest umrissenen Statuten. Der Verein wird dem Landratsamt in Waldbröl gemeldet, ins Vereinsregister eingetragen. Regelmäßige, systematische Probenarbeit ,jede Woche wird zur Pflicht; unentschuldigtes Fehlen wird mit strengen Geldstrafen belegt. Man gibt sich für die fernere Zukunft ein großes Zie1
,,Pflege des geistlichen, vaterländischen und volkstüm¬lichen Gesanges, Ausbildung der Gesangsorgane (!)seiner Mitglieder, Förderung e d 1 e r Gesinnungen —und— Pflege der Gemeinschaft“.
Tüchtige Vorsitzende (früher Präses genannt) und Dirigenten geben dem Verein Inhalt und Gewicht
In den Jahren 1886 bis 1902 betrieb Lehrer—Dirigent Wilhelm K u r z systematische Gesangaschulung und erreichte 1896 die ,,ordentliche ,, Eintragung in das Vereinsregister. Zu seinem 25jährigen Dienstjubiläum durfte er den reichen Dank seiner Schul —und Sängergemeinde entgegennehmen.
Um die Jahrhundertwende waren die Gesangvereine arger Kritik ausgesetzt, man warf ihnen äußeres Pathos und formelhafte äuserlichkeit und unkünstlerische Chorliterstur vor und hielt ihren Einsatz für ,,unbedeutend“; man tendierte nach gemischten Chören. Die aus dem Siegerland einsetzende Bewegung der Arbeitergesangver¬eine, deren Bezirksdirigent lange Jahre der Lehrer Wilhelm M a y (Opperzau) war, suchte Einfluss auf Auswahl und Interpretation des volkstümlichen Liedschatzes zu nehmen.
So war es ein glücklicher Griff, dass der MGV ,,Deutscher Männerchor“ 1904 den Lehrer—Dirigenten Wilhelm May verpflichtete, der mit seinem lebensfrohen Naturell über 45 Jahre zu den beliebtesten und erfolgreichsten Musikpädagogen unseres Heimatraumes gehörte. 14 Chören gab er Grundlagen und Fertigkeit. Mit stärkster Initiative konnte er um 1910 das missliche Verhältnis zwischen den Arbeiterchören zu den anderen MGV.en klären.
In Imhausen wirkte Wilhelm May bis 1950,stand aber als
(bisher erster und einziger!) E h r e n d i r i g e n t bis an sein Lebensende ( 1952 ) in enger Verbindung mit ,,seinem Lieblingschor“. Eines seiner Lieblingslieder wünschte er sich als Grabgesang: “Ich bin ein Sohn des Volkes…“
und in der Tat, er w a r ein Sohn des einfachen Volkes, Bergarbeitersohn, leidenschaftlicher Sozialdemokrat, Referent einen Arbeiterorgangs, während des Dritten Reiches hart angegangen und wegen seiner “politischen Vergangenheit“ aus der Chorbewegung ver¬drängt.
Auf den Arbeitersohn May folgte als Dirigent ein Autodidakt der Arbeiter Martin S c h 1 e c h t r i e m e n, der das Vereinsschiffleon bis zum Kriegsende steuerte und nach einem zweijährigen Zwischenspiel 1946—1947 durch Dirigenten Dr .Karl Schmale (heute Prof.f.Physik an der Kanthochachule in Braunschweig) auch in den Jahren 1947 bis 1951,insgesamt also fast 20 Jahre.
Seit 1951 leitet Musikdirektor Heinrich S t a h 1 den Männer-chor in Imhausen mit Geschick und Erfolg
Bisher nahm der Verein an Sängerwettstreiten teil:
1902 Betzdorf (Kurz)

1904 Hamm (Christmann)
1907 Hennef (May)
1909 Eiserfeld (May)
1911 Rosbach (May)
1924 Betzdorf (Mey)
1925 Pracht(May)
1927 Geisenheim (Mey)
1929 Windhagen (May)
1929 Dierdorf (Mey)
1934 Eiserfeld (Schlechtriemen)
l950Echerhof (Schlechtrienen)
1958 BadGodesberg (Stahl)
Die Stärke des Chores schwankte zwischen “etwa“ 40 ( 1896 )und gegenwärtig 54 , davon 18 % Jugendliche (unter % 25 Jahren) und 24 % Sänger über 5 0 Jahre, dazu unterstützen etwa 70 passive Mitglieder die kulturellen Belange der Vereinigung.
Es ist typisch für die dorfeigenen Vereine, dass sie umsichtige, organisatorisch begabte Männer für den Vorstand finden, die Jahr zehnte hindurch ein einheitliches Vereinsbild prägen konnten.
Lange Jahre war der Kommunalpolitiker Michael Brabeck ab 1854 Präses des Vereins. In den Jahren seit 1896 führten den Vorsitz
1896-1897 Karl Kolb
1897 -1900 Peter Gelhausen
1900 -1906 Heinrich Quarz
1906-1908 Christian Weiper
1908-1909 Robert Gerhards
1909-1911 Karl Engelhardt
1911-1946 Eduard F u c h s (i)
1946-1955 Karl Thomas
1955-1956 Otto Thomas
1956-1961 Willi Ludwig
1961-1965 Wilhelm Fenstermacher
1965- Alfred Schmidt
Ihnen ist es maßgeblich, zu verdanken, dass sich die Tiefen- und Breitenarbeit des MGV auch auf soziale und kulturelle Aufgaben erstreckt.
Nachbarschaftshilfe war großgeschrieben: man half gemeinsam bei Bauarbeiten, bei der Ernte,bei. Erkrankung von Sangesbrüdern! Die Weihnachtsfeiern der Schule werden durch Spenden und Gaben bereichert. Was wäre die Jahrhundertfeier der Schule (1960), Schulweihfeste in Imhausen 1964 und Roht 1959 ohne den festlichen Rahnen unseren Heinatchöre!
Die großen Veranstaltungen des Volksbildungswerkes der Gemein¬de Rosbach. werden ebenso unterstützt, wie in früheren Zeiten vaterländische Feiern und heute Darbietungen am Volkstrauertag und seit 1956 an Kriegerehremal Imhausen.
Nicht vergessen werden die lieben Alten , denen zum 80. und 85.Geburtstag , zur Goldenen und Diamentenen Hochzeit Ständchen gebracht werden mit einer besonderen Angebinde, ohne Rücksicht auf Mitgliedschaft im Verein Die Kranken werden durch das Lied ge¬tröstet, manches Konzert hat uneigennützig nur diesem Zweck gedient!
Die freundschaftliche Verbindung mit dem Turn- und Sportverein ist besonderes Anliegen. Die am Tag des Baumes einst gepflanzte Rotbuche ist oder wird einmal zum Wahrzeichen der Vereinstreue werden: alljährlich wild hier Lob Gottes gesungen!
Zwar hat der Verein in den letzten Jahren sich weniger an den Wettstreiten beteiligt : Wir wissen, dass ihr Wert einigermaßen umstritten ist! Doch gab man in durchschnittlich 1 — 2 Konzerten alljährlich Zeugnis vom Dienst an deutschen Liede; man besuchte mitfeiernd gerne die Nachbarchöre,gestaltete mit Würde und Festesfreude die eigenen Vereinsjubiläen. Bezeichnend ist es auch, dass das erste Sängerturnier nach dem letzten Kriege 1952 im Siegkreis von dem MGV Imhausen ausgerichtet wurde. Begierungspräsident Warsch war Protektor, 20 Chöre stritten um die Preise und weitere 3 feierten mit. Nach Presseberichten besuchten über 3000 Gäste ein Fest, das einen stark beachteten Erfolg nachweise konnte. Besonders gewürdigt wurde die Bevorzugung des zeitgenössischen Liedgutes und die problematische Würdigung des Wettstreites überhaupt, eingedenk der Worte Sendts:
Dass, wettstreit und Wertungssingen heute nebeneinander stehen. Niemals kann ein Wettstreit ein Wertungssingen sein, weil ihm die entscheidenden Punkte fehlen,
1)Beurteilung der Werkwahl in ihren künstlerischen Qualität,
2)das Verantwortungsmoment vor dem eigenen Singen, seinem Inhalt und seiner ausstrahlenden Kraft,
3) der kulturelle Wert“